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Leseprobe - Reise eines Ungeschickten

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Sri Lanka. Elefanten im Yala Park plötzlich unruhig. Ein leiser Ruck ging durch die Erde. So augenblicklich, dass selbst wenn von Menschen wahrgenommen, diese sich fragen mussten, ob es nicht Einbildung war. Durch des Meeres Druck geriet in jenem Moment vor Sumatra eine Schlucht unter See aus ihrem Gefüge. Erschütterungen ungekannter Stärke. Urkruste brach auf, verschob sich vertikal. Abrupt Millionen Tonnen Wasser bewegt in der Tiefe des Meeresgrundes. Entfesselte Was- ser. Wellenringe. Vorwärts, halb so schnell wie der Schall. Drei Stunden später strömte der Ozean rund um Sri Lanka zurück in sein weites Becken. Verzögerter Verdrängungseffekt. Rascher als die Gezeiten wich das Meer, kehrte wieder als eine rasende Wasserwalze. Überflutete Küsten und Land. Ebbte. Flutete, ebbte, pendelte aus. Stundenlang. Einer globalen Badewanne gleich.

1. Kapitel - Serendipity 

Ein Fahrer wartete am Bandaranaike International Airport. Die Galle Road, Lebensstrang nach Süden, wies nichts von dem auf, was ich erwartete. Hütten und Häuschen an der Straße von Moratuwa sahen unverändert aus. Überall auf Gehwegen, vor den einfachen Behausungen, rechts und links der Trasse, lagerten Unmengen Holz. Frisch geschlagene Dschungelbäume oder fertig zugesägte Bretterberge. Alles ging „normal“ weiter. Auch das Verkehrschaos mit dem Ungleichgewicht der Kräfte. Fußgänger. Fahrradfahrer. Kühe. Hunde. Ochsenkarren. Einrädrige Fräsen mit Anhängern. Mopeds. Motorräder. Tuc-Tucs. Autos. LKWs. Klimatisierte Busse. Und dann noch die größten Wildesten; hoffnungslos überfüllte schalldämpferlose Lanka Ashok Leyland Busse mit Betelnuss kauenden Fahrern. Die Vehikel mehr Rost als Lack. Alle hatten es eilig. Nach Bedarf wurden auf dem zweispurigen Teerstreifen fünf aufgemacht. Jeder über- holte jeden in beiden Richtungen. Der Nächste vor einem ein natürliches Hindernis, das es zu überwinden galt. Nahtlos die Städte und Ansiedlungen. Ratmalana, Panadura. Kaluthara am Kalugangafluß mit seiner weißen Dagobar. Die Straße führte nicht überall am Meer vorbei. In meinem Sehen hatte sich bis dahin nicht wirklich etwas getan. Schon fast ein wenig froh, dass es doch nicht so schlimm sein konnte. Gekommen aus der Dunkelheit. Der Aurora Boreales. Den Geysiren. Von den knorrigen dürren Bäumen. Nackter und schneebedeckter Mondlandschaft. Geflogen in ein helles grelles üppig grünes Sonnenparadies, in dem Heerscharen die Straßen bevölkerten. Gekommen aus einem Teil der Welt, wo gerade so viele Menschen lebten, wie zwischen Aluthgama und Bentota die Galle Road entlang gin- gen. Von der Insel aus Feuer und Eis im Nordatlantik zu der strahlenden Insel im Indischen Ozean. Je weiter gen Süden, desto schlimmer wurde es. Wie eine clarkesche Zeitodyssee, durch eine Gegenwart, die nicht bizarrer sein konnte. Je nach Führung der Galle Road waren die Schäden zu erkennen. Ganze Gebäudereihen total zerstört. Auch Bauwerke verschont, je nachdem, wie die Wasser an die Häuser drangen, in welchem Winkel die Wellen aufschlugen. Hinweggefegt das Grün, die Büsche, das Gras, der Blumenbewuchs zwischen den Palmen. „Es war ein schöner Tag, Sir, jedenfalls bis 9 Uhr 30,“ sagte plötzlich mein Fahrer. „Schauen Sie, Sir, sogar nach vier Wochen können Sie alles genau sehen, Sir. Alles kaputt. Viele Menschen tot. Wie lange bleiben Sie, Sir?“ Mehr und mehr Menschen entlang der Straße mit schlechten Verbänden um Arme, Beine und Köpfe. Zerstörte Boote, Schiffe an Land. Ruinen, Autowracks und herausgerissene Schienentrassen  von Natur gewundener Stahl. Teilweise war die Zerstörung so groß, dass man verzweifeln konnte. Wenn auch einige Tage her, so war die Katastrophe noch deutlich physisch spürbar - Tsunami. Ein Ereignis, das sich im Leben der Menschen für immer einbrennt. Die Reiter des Untergangs kannten kein Erbarmen, kamen durchgerast durch das Leben der Menschen, hinterließen nur Verwüstung ohne Trost. Fassungslosigkeit in mir. Immer mehr, wieder und wieder, zerstörte Häuser. Fundamente, auf denen einst Heime und nun ... nur noch Zelte. Überall Zelte. Entlang der Straße. Die gesamte Küste herunter das gleiche Bild, die gleichen Gesichter. Ernst. Verzerrt. Leer. Manche, zu meiner Verblüffung, herzlich lachend. Das Ganze ein permanenter Wackelkontakt in der Wahrnehmung. Worüber können diese Menschen lachen, dachte ich. 

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Stefan Birckmann
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